ZEITRAUMZEIT
Ausstellung im Künstlerhaus Wien 5. 10. - 2. 11. 2008
Das Künstlerhaus Wien wurde vor 140 Jahren eröffnet. Daraus folgende Gedanken zu „Zeit und Raum - Raum und Zeit“, ergaben das Ausstellungsthema. Das Ausstellungsprojekt ZEITRAUMZEIT soll die Bedeutung des Künstlerhauses, als Ort gelebter aktueller künstlerischer Auseinandersetzungen im JETZT sichtbar machen.
Zeit ist nicht ohne Raum und umgekehrt denkbar, Raum und Zeit sind nur in einem Raum-Zeit Kontinuum in Relation zueinander erfahrbar. Die Auseinandersetzung mit Raum und Zeit ist daher seit jeher ein essentielles Thema in der Kunst.
Die Gegenwart ist kein Zeitpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft denn ausschließlich im Jetzt erleben wir Vergangenheit und können die Zukunft erdenken. In jedem Augenblick gegenwärtig sein um wirklich zu leben wird als anzustrebendes Ziel genannt. Dieser Augenblick, ein Moment von wissenschaftlich nachgewiesen wahrnehmbaren 2-3 Sekunden, wird als Gegenwart erlebt und bestimmt auf der Verhaltensebene unser subjektives Erleben und Handeln.
Die subjektive Zeitempfindung ist unabhängig von linearer Chronometrie, so kann Zeit als verfliegend, nicht vergehend oder still stehend, wahrgenommen werden. Schon Augustinus meinte dass die Zeit nicht als „irgendetwas da draußen in der Welt“ vorzustellen sei, sondern als etwas das „in uns drinnen steckt“ - denn nicht die Zeit - wir selbst werden älter.
Eine zunehmend dominant werdende Vorstellung der Gleichzeitigkeit (Internet), bewirkt veränderte Lebensumstände. Folglich sieht der Soziologe Dirk Baeker die wahrgenommene Gegenwart in Umwandlung begriffen. Die „moderne Gesellschaft“, welche die Gegenwart als „flüchtigen“ Moment erlebt, ist im Übergang zur „nächsten Gesellschaft“ welche im Wissen um eine unbekannte Zukunft die Gegenwart nicht mehr als flüchtig, sondern als „dauernd“ begreift. Die Gleichzeitigkeit der Vergangenheit wird zu einem Archiv zitierbaren Wissens.
Globalisierung und virtuelle Gleichzeitigkeit bewirken ein hektisches, stressiges Leben. „ … Pausen sind Ablenkung, unproduktiv und kosten überdies Geld. Wir leben in einer Epoche einer sich immer schneller „beschleunigenden Zeit“….“ (Peter Heintel). Als Reaktion darauf gewinnen Themen wie Entschleunigung, Langsamkeit und Präsenz in der Wahrnehmung wieder an Bedeutung.
Das Thema ZEITRAUMZEIT wurde für Künstler und Künstlerinnen des Künstlerhauses Wien, sowie ausgewählte KünstlerInnenvereine Ouml;sterreichs ausgeschrieben. Aus 138 eingereichten Arbeiten wurden, unter Einbeziehung einer externen Jury (Katharina Blaas-Pratscher, Silvie Aigner, Peter Weiermair), 45 Arbeiten ausgewählt. Ergänzend gingen Einladungen an nationale und internationale KünstlerInnen, wobei auf bekannte „klassische Positionen“ zu dem Thema - vielfach in Museumsausstellungen präsentiert - für diese Ausstellung bewusst verzichtet wurde.
Es werden Werke aus unterschiedlichen Bereichen der Bildenden Kunst gezeigt. Wenige Arbeiten sind auf ein einzelnes Medium beschränkt. Durch vielfache mediale Überschneidungen werden Zeit und Raum visuell als auch akustisch sinnlich erlebbar. Gleichzeitigkeit, Wiederholung, Echtzeit, vernetzte reale und virtuelle Zeitraum - Raumzeitbezüge, getaktete Zeit, Zeitfluss, Vergänglichkeit, gespeicherte Zeit, Stillstand, der gefrorene Augenblick, die Annäherung an die Null, Unendlichkeit, Universum - sind eine Auswahl gewählter Themen.
Ein wesentliches Anliegen war, das Künstlerhaus mit diesem Ausstellungsprojekt großzügig zu öffnen und die Komplexität und Alltäglichkeit des Themas JETZTZEIT ergänzend und vertiefend in einem Symposium mit VertreterInnen der Richtungen Kunst, Kunsttheorie, Mathematik, Physik, Astrophysik, Philosophie, Soziologie, Medienwissenschaften, Neurowissenschaften und Humanethnologie fächerübergreifend, sich gegenseitig inspirierend und kritisch hinterfragend zu diskutieren.
Kooperationen mit „OE1 Kunstradio Radiokunst“ und der „TU Wien“, werden das Ausstellungsprojekt akustisch und visuell in den Stadtraum erweitern und mit dem Weltraum verbinden.
brigitte pamperl
kuratorin der ausstellung »zeitraumzeit«
2008 künstlerhaus wien